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2022-05-29 03:29:07 By : Mr. TEYES Factory

Die Gold Star 650 ist das erste Modell der wiederbelebten Marke BSA. Sie ähnelt ihrer Vorfahrin verblüffend und setzt mutig auf einen großen Einzylinder.

Es scheint sich ein gewisser Trend unter asiatischen Motorradherstellern abzuzeichnen, die Rechte an legendären europäische Marken aufzukaufen und unter dem historischen Namen wieder Modelle anzubieten. TVS aus Indien hat das gerade mit Norton vorexerziert und QJ Motorcycle aus China schon vor etlichen Jahren mit Benelli. Auch der in Mumbai ansässige Mahindra-Konzern hat begriffen, dass sich Motorräder mit berühmten Namen besser verkaufen lassen. Daher erwarb er 2016 das Recht von Jawa, auf dem indischen Markt selbst entwickelte Modelle unter dem Namen der tschechischen Marke anbieten zu dürfen. Die Jawa 300 CL wird recht gut auf dem Subkontinent von der Mahindra-Tochterfirma Classic Legends Pvt. Ltd. verkauft. Zur gleichen Zeit erwarb der Konzern aber auch den noch viel berühmteren Namen BSA, einst einer der größten Motorradhersteller der Welt.

Der Milliardär und Besitzer der Mahindra Group, Anand Mahindra, wartete nach dem Kauf eine Weile mit der Wiederbelebung. Doch dann gab er grünes Licht für die Entwicklung des ersten BSA-Modells, seit die Marke 1978 insolvent ging. Eigentlich war das Debüt der neuen BSA bereits für 2020 geplant, aber die Corona-Pandemie machte dem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung. Doch jetzt wurde endlich die BSA Gold Star 650 enthüllt. Optisch lehnt sie sich eng an ihr historisches Vorbild und das dürfte sich als cleverer Schachzug erweisen, schließlich baut der indische Konkurrent Royal Enfield sehr erfolgreich Retro-Bikes und verkauft sie weltweit.

Wo hätte die BSA Gold Star 650 passender präsentiert werden können als auf der Motorshow in Birmingham? Schließlich steht BSA für "Birmingham Small Arms" und das Unternehmen begann bereits 1861 in der englischen Metropole Waffen herzustellen, ehe es ab 1910 auch Motorräder baute. Eines ihrer berühmtesten Modelle war die Gold Star, die von 1938 bis 1963 mit bis zu 500 cm3 produziert wurde. Sie erreichte hohe Stückzahlen und errang zahlreiche Rennsiege. Die neue Gold Star 650 trägt ihr großes Erbe stolz zur Schau. Ein schwarz lackierter Doppelschleifenrahmen aus Stahl nimmt den 653 cm3-Einzylinder auf.

Die Motorisierung ist mutig, weil große Einzylinder heute kaum noch gebaut werden und selbst Royal Enfield ist bei seinen 650er-Modellen auf Zweizylinder umgeschwenkt. Auch wenn der BSA-Motor klassische Kühlrippen besitzt, wird er doch flüssigkeitsgekühlt. Der Single leistet 45 PS bei 6000/min und bietet 55 Nm bei 4500/min. In seinem Zylinderkopf arbeiten vier Ventile, zwei Nockenwellen und eine Doppelzündung, außerdem verfügt der Motor über zwei Ausgleichswellen, um Vibrationen zu reduzieren. BSA verkündet, dass sogar eine Anti-Hopping-Kupplung eingebaut ist und gibt das Leergewicht der Gold Star 650 mit 213 Kilogramm an.

Ein Kühler an der Front verrät die moderne Konstruktion, zum Glück springt er nicht allzu sehr ins Auge. Im Design gibt sich die Gold Star 650 betont traditionell: rundlicher Tank, dicke Sitzbank, hoher Rohrlenker, Rundscheinwerfer, große Kotflügel, eine nicht einstellbare 41-mm-Telegabel vorne und Stereo-Stoßdämpfer hinten, die sich in der Vorspannung fünffach verstellen lassen. Ein gelochtes Aluminiumblech um die Einspritzung soll die Illusion eines offenen Luftfilters erzeugen. Einige glänzend silberne oder polierte Flächen finden sich am Motorgehäuse, zudem runden Drahtspeichenfelgen, ein elegant geschwungenes Krümmerrohr sowie der Pea-Shooter-Auspuff den Auftritt gekonnt ab.

Vorne rollt die Gold Star 650 auf einem 18-Zoll-, hinten auf einem 17-Zoll-Rad mit Phantom-Sportscomp-Reifen von Pirelli in 100/70-18 bzw. 150/70-17. Zwei Rundinstrumente informieren den Fahrer über Geschwindigkeit und Drehzahl. In beiden Fällen ist die Skalierung sehr optimistisch: Der Tacho reicht bis 130 Meilen pro Stunde (209 km/h) und der Drehzahlmesser bis 10.000 U/min. Beides dürfte von dem Einzylinder nicht einmal annähernd erreicht werden. Ein Zugeständnis an die Moderne sind zwei kleine LC-Displays in den Rundinstrumenten für zusätzliche Infos.

Die Telegabel trägt nostalgische Hülsen um die Tauchrohre, die Schwinge hinten besteht aus schwarz lackiertem Stahl. Die einzelne 320-mm-Bremsscheibe vorne wird von einer Brembo-Doppelkolben-Bremszange verzögert. Das schönste Detail dürfte für viele Fans das BSA-Logo auf dem aufwendig lackierten 12-Liter-Tank sein. Zeugt es doch davon, dass die altehrwürdige Marke wieder zurück ist. Die ersten Gold Star 650 werden zunächst aus Indien kommen, die Endmontage der angelieferten Teile soll jedoch bald im Großraum Birmingham erfolgen. Mahindra ist bereits seit längerem in Banbury, südlich von Birmingham ansässig, wo der Konzern einen Rennstall unterhält, der von 2011 bis 2017 an der Moto3-WM teilnahm, bevor er sich der FIA Formula E-Weltmeisterschaft zuwandte.

Der Bau eines Werks in Großbritannien ist ein riskanter Schritt, wenn man bedenkt, dass die englische Marke Triumph nicht zuletzt auch wegen des Brexits inzwischen ihre Motorräder fast ausschließlich im deutlich günstigeren Thailand fertigt. Nicht, dass Mahindra Geldsorgen hätte, der Konzern baut neben Motorrädern unter anderem auch Autos und Flugzeuge und setzt mit seinen rund 250.000 Angestellten weltweit rund 19,4 Milliarden Euro um. Dennoch sollte sich die Produktion der Motorräder rentieren. Doch das dürfte in den ersten Jahren für BSA mühsam werden. Allerdings hat Anand Mahindra bereits angekündigt, zukünftig unter dem BSA-Label auch Elektro-Motorräder bauen zu wollen.

Die Einführung der Gold Star 650 im Vereinigten Königreich ist für März 2022 angekündigt, wo BSA die ersten Händler mit Verträgen ausstattet. Den Preis hat BSA noch nicht bekannt gegeben, soll jedoch angeblich zwischen 5000 und 6000 Pfund (ca. 5850 und 7000 Euro) liegen. Ob und, falls ja, wann die BSA Gold Star 650 auch nach Deutschland importiert wird, ist noch offen.

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