Kunststoff-Implantate effizient sterilisieren

2022-09-10 05:20:26 By : Ms. Nancy Chen

Ein steriler Zustand von künstlichen Hüftpfannen und anderen Kunststoff-Implantaten ist unerlässlich. Verunreinigte Implantate können zu schweren und schmerzhaften Entzündungen führen. Die Sterilisation mittels Beta- oder Gammastrahlung bietet einige Vorteile gegenüber anderen Verfahren.

Kleiner als eins zu einer Million muss die theoretische Wahrscheinlichkeit sein, einen lebensfähigen Mikroorganismus auf oder in einem Medizinprodukt zu finden, damit dieses als steril gilt. So ist es in der DIN EN 556-1 festgelegt. Um diesen sterilen Zustand zu erreichen, kommen drei grundsätzlich unterschiedliche Verfahren infrage, die alle der eigentlichen Herstellung des Produktes nachgelagert sind: die Sterilisation mit feuchter Hitze, mit Chemikalien wie Ethylenoxid-Gas (EtO) oder mit ionisierender Strahlung.

Bei Endoprothesen-Teilen aus Kunststoff oder anderen Implantaten mit temperaturempfindlichen Oberflächen kommt die Dampfsterilisation bei Temperaturen über 121 °C häufig gar nicht infrage. Dagegen können solche Medizinprodukte mit Strahlen ohne nennenswerte Temperaturerhöhung und in einer beliebigen Verpackung sterilisiert werden. Die Strahlen zerstören die DNA und die RNA von Bakterien, Viren und Pilzen. Auf diese Weise töten sie die Keime ab.

Auch gegenüber der Sterilisation mit Ethylenoxid hat die Strahlenbehandlung Vorteile. So sind die bestrahlten Implantate direkt transportbereit. Mit Ethylenoxid sterilisierte Kunststoff-Prothesen müssen dagegen eine mehrtägige Entgasungsprozedur durchlaufen, damit sich keine Rückstände des toxischen EtO-Gases mehr auf dem Produkt befinden. Zu den Pluspunkten zählt zudem, dass insbesondere Gammastrahlen Mikroben selbst dann zuverlässig abtöten, wenn sie sich an Kunststoffteilen mit komplizierter geometrischer Struktur befinden. Denn Gammastrahlen haben eine hohe Eindringtiefe und durchstrahlen selbst komplette Gebinde.

Die Energie der Strahlen, die zur Sterilisation verwendet werden, kann die Eigenschaften eines Kunststoff-Gelenks oder eines Implantats sogar verbessern. Denn sie spaltet chemische Bindungen in den Polymerketten, etwa des Polyethylens. Es entstehen besonders reaktionsfähige Teilchen, so genannte freie Radikale, die rekombinieren – also sich in neuer Kombination wieder verbinden. Auf diese Weise bildet sich ein dreidimensionales Polymernetzwerk.

Strahlenvernetzter Kunststoff ist deutlich beständiger gegenüber Abrieb oder anderen mechanischen Belastungen als der unbehandelte Kunststoff. Gerade Abrieb kann bei Endoprothesen sowie anderen Implantaten zu lokalen Entzündungen im Körper führen, die es schlimmstenfalls notwendig machen, die Implantate wieder zu entfernen. Zudem steigt durch die Strahlenvernetzung üblicherweise auch die thermische Belastbarkeit des Kunststoffs. Allerdings gibt es auch Polymere, bei denen die Bestrahlung das Eigenschaftsprofil eher verschlechtert. Besonders problematisch sind hier z. B. Polytetrafluorethylen (PTFE) oder Polyacetale wie POM (Polyoxymethylen).

Theoretisch könnten Strahlenvernetzung und Strahlensterilisation in einem einzigen Arbeitsgang erfolgen. Die Strahlendosen, die zur Materialoptimierung benötigt werden, reichen aus, um ein Kunststoff-Implantat normgerecht zu sterilisieren. Das gilt jedoch nur unter der Voraussetzung der Verwendung eines geeigneten Sterilbarriere-Systems. In der Praxis erfolgt zuerst die Vernetzung des Materials, dann die Weiterverarbeitung und im letzten Schritt die Sterilisation des Implantats in der Endverpackung. Um die Konformität mit der Medical Device Regulation (MDR) sicherzustellen, muss die Strahlensterilisation zudem validiert und die Implantat-Produktion laufend überwacht werden.

Betastrahlung wird erzeugt, indem ein elektrisches Feld Elektronen im Hochvakuum auf sehr hohe Geschwindigkeiten beschleunigt. Gammastrahlen entstehen durch den Zerfall von Kobalt-60 oder eines anderen radioaktiven Isotops. Aufgrund der zu geringen Energie der Strahlung ist es physikalisch unmöglich, dass bestrahlte künstliche Hüftpfannen und andere Implantate selbst zu strahlenden Quellen werden.

Die Sterilisation mit Betastrahlung – bestehend aus beschleunigten Elektronen – und Gammastrahlung unterscheidet sich in wesentlichen Punkten: So dauert der Sterilisationsvorgang beim Einsatz von Betastrahlung nur wenige Sekunden – gegenüber mehreren Stunden bei der Gammastrahlung. Betastrahlen geben wesentlich mehr Energie pro Zeitspanne an den Kunststoff ab als Gammastrahlen, durchdringen Material aber weniger gut.

Aufgrund des hohen Aufwandes für den Betrieb entsprechender Anlagen überlassen Medizinprodukte-Hersteller die Strahlensterilisation normalerweise spezialisierten Dienstleistern wie BGS Beta-Gamma-Service. Das mittelständische Unternehmen betreibt an drei deutschen Standorten zwei Gammaanlagen und acht Elektronenbeschleuniger.

Weitere Artikel über Auftragsfertigung und Fertigungseinrichtungen finden Sie in unserem Themenkanal Fertigung.

* Marie-Bernadette Watolla ist stellv. Leiterin Anwendungsentwicklung bei BGS.

Mit Klick auf „Newsletter abonnieren“ erkläre ich mich mit der Verarbeitung und Nutzung meiner Daten gemäß Einwilligungserklärung (bitte aufklappen für Details) einverstanden und akzeptiere die Nutzungsbedingungen. Weitere Informationen finde ich in unserer Datenschutzerklärung.

Es ist für uns eine Selbstverständlichkeit, dass wir verantwortungsvoll mit Ihren personenbezogenen Daten umgehen. Sofern wir personenbezogene Daten von Ihnen erheben, verarbeiten wir diese unter Beachtung der geltenden Datenschutzvorschriften. Detaillierte Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Ich bin damit einverstanden, dass die Vogel Communications Group GmbH & Co. KG, Max-Planckstr. 7-9, 97082 Würzburg einschließlich aller mit ihr im Sinne der §§ 15 ff. AktG verbundenen Unternehmen (im weiteren: Vogel Communications Group) meine E-Mail-Adresse für die Zusendung von redaktionellen Newslettern nutzt. Auflistungen der jeweils zugehörigen Unternehmen können hier abgerufen werden.

Der Newsletterinhalt erstreckt sich dabei auf Produkte und Dienstleistungen aller zuvor genannten Unternehmen, darunter beispielsweise Fachzeitschriften und Fachbücher, Veranstaltungen und Messen sowie veranstaltungsbezogene Produkte und Dienstleistungen, Print- und Digital-Mediaangebote und Services wie weitere (redaktionelle) Newsletter, Gewinnspiele, Lead-Kampagnen, Marktforschung im Online- und Offline-Bereich, fachspezifische Webportale und E-Learning-Angebote. Wenn auch meine persönliche Telefonnummer erhoben wurde, darf diese für die Unterbreitung von Angeboten der vorgenannten Produkte und Dienstleistungen der vorgenannten Unternehmen und Marktforschung genutzt werden.

Falls ich im Internet auf Portalen der Vogel Communications Group einschließlich deren mit ihr im Sinne der §§ 15 ff. AktG verbundenen Unternehmen geschützte Inhalte abrufe, muss ich mich mit weiteren Daten für den Zugang zu diesen Inhalten registrieren. Im Gegenzug für diesen gebührenlosen Zugang zu redaktionellen Inhalten dürfen meine Daten im Sinne dieser Einwilligung für die hier genannten Zwecke verwendet werden.

Mir ist bewusst, dass ich diese Einwilligung jederzeit für die Zukunft widerrufen kann. Durch meinen Widerruf wird die Rechtmäßigkeit der aufgrund meiner Einwilligung bis zum Widerruf erfolgten Verarbeitung nicht berührt. Um meinen Widerruf zu erklären, kann ich als eine Möglichkeit das unter https://support.vogel.de abrufbare Kontaktformular nutzen. Sofern ich einzelne von mir abonnierte Newsletter nicht mehr erhalten möchte, kann ich darüber hinaus auch den am Ende eines Newsletters eingebundenen Abmeldelink anklicken. Weitere Informationen zu meinem Widerrufsrecht und dessen Ausübung sowie zu den Folgen meines Widerrufs finde ich in der Datenschutzerklärung, Abschnitt Redaktionelle Newsletter.

5 Faktoren führen zu einer erfolgreichen Validierung

Cookie-Manager Impressum Datenschutz AGB Leserservice Abo-Kündigung Mediadaten Werbekunden-Center Hilfe Abo Autoren

Copyright © 2022 Vogel Communications Group

Diese Webseite ist eine Marke von Vogel Communications Group. Eine Übersicht von allen Produkten und Leistungen finden Sie unter www.vogel.de

BGS/Markus Steur; BGS_Markus Steur; KUMAVISION; https://www.bsigroup.de; ©bht2000 - stock.adobe.com; ZVEI/Devicemed; Medical Mountains; Messe Frankfurt Exhibition/ Petra Welzel; Oxaion; Hufschmied Zerspanungssysteme; Relyon Plasma GmbH; D.Quitter – VCG; Herpa Print GmbH; Open Mind; Zahoransky; Krauss-Maffei; © topshots - stock.adobe.com; Tontarra; gemeinfrei; Gerresheimer; elizaliv - stock.adobe.com; Medical Mountains; BVMed/Darius Ramazani; Юлия Лазебная - stock.adobe.com; MQ-Illustrations - stock.adobe.com; Hurca! – stock.adobe.com; metamorworks - stock.adobe.com; Andreas Heddergott / TUM; Angie Wolf / UKW; Ran Huo und Jianyu Li, McGill University; WWU - Peter Leßmann; Aus: “Multispectral Optoacoustic Dermoscopy: Methods and Applications”, M. Schwarz, 2017, mediatum.ub.tum.de