Report Preissteigerungen: Wird Segeln bald zu teuer? Teil 2: Ausrüster und Segelmacher | YACHT

2022-08-20 04:39:46 By : Ms. Tina Wang

Volle Auftragsbücher, aber leere Lager: Händler und Segelmacher kämpfen gegen steigende Preise und Rohstoffknappheit an. Ein Stimmungsbild aus der Branche

Die Auftragsbücher sind voll, viele Neueigner rüsten ihre neuen oder gebrauchten Boote aus oder renovieren sie. Die Pandemie-bedingten Einschränkungen im Bereich Reise und Urlaub bescheren dem Wassersport hierzulande einen Aufschwung. Doch es gibt zunehmend Probleme, Liefertermine einzuhalten, zudem steigen die Preise.

Das sind keine Probleme, die die Wassersportbranche exklusiv hat – in fast allen Bereichen steigen gerade die Preise, und Verzögerungen sind beinahe schon normal. Das hat viele Gründe, einer liegt in dem eingangs erwähnten Aufschwung: Nach einer Phase des Stillstandes zu Pandemiebeginn folgte eine extrem gestiegene Nachfrage. Im Bereich der Elektronik wurden vermehrt Laptops, Bildschirme und Gerät für schnell eingerichtete Arbeitsplätze daheim geordert. Dadurch fehlen unter anderem der Autoindustrie wichtige Halbleiter-Bauteile. In anderen Industriezweigen herrscht ähnlicher Mangel an Rohstoffen wie etwa Aluminium, wo der Preis extrem anstieg. Zudem hat sich der globale Transport stark verändert. Waren die Frachtrouten zwischen China, Europa und Nordamerika vor der Pandemie teilweise nicht mehr rentabel, schossen die Preise danach um bis zu 500 Prozent nach oben.

Im Folgenden: Einschätzungen zur Entwicklung von Händlern und Segelmachern (aus YACHT 24/2021).

Die angespannte Situation wegen steigender Rohstoffpreise und teure Frachtraten wirkt sich auch auf die Segelmacher aus. Stefan Voss von UK Sailmakers hält Preiserhöhungen für unumgänglich. „Wir erwarten eine Preisanpassung. Es ist schlicht alles teurer geworden. UK Sails konnte in den vergangenen zwei Jahren umfänglich und fast ohne Verzögerung liefern, was an unserer vorausschauenden Lagerhaltung liegt. Aber der Tuchfabrikant Dimension-Polyant wird seine Preise nicht halten können, weil auch deren Zulieferer teils drastische Erhöhungen angekündigt haben.“

Noch ernster sieht die Lage Jens Nickel von der Segelwerkstatt Stade: „Lieferengpässe sind mittlerweile ein echtes Thema. Ich bin jetzt 40 Jahre in diesem Geschäft, aber so etwas habe ich noch nicht erlebt. Auf unsere wichtigsten Tücher warten wir mindestens Wochen, inzwischen sogar manchmal Monate. Die Hersteller haben es versäumt, Lagerbestände aufzubauen und bekommen jetzt selber keine Rohstoffe wie Garne mehr. Uns macht die Situation wirklich Sorgen. Ich rechne mit Preiserhöhungen Anfang 2022.“

Christian Heinritz von Oeverdiek & Heinritz hat es bereits mit gestiegenen Preisen zu tun: „Unsere Großlieferanten haben uns schon Anfang Oktober die neue Preisliste geschickt, die sonst immer erst zu Jahresbeginn kommt. Wir müssen die Preise um fünf Prozent erhöhen. Auch der Stundenlohn für Reparaturen muss um diesen Wert steigen.“

Stefan Matschuk von North Sails konstatiert zudem „Probleme bei der Lieferung von Materialien und Rohstoffen seitens unserer Lieferanten. Viele Materialien zur Segelherstellung sind ja direkt an den Ölpreis gekoppelt, der momentan extrem hoch ist. Durch die geringen Luftfrachtkapazitäten ist die Nachfrage bei der Seefracht extrem in die Höhe geschossen und damit auch die Preise.“ Allerdings sieht Matschuk die Lage noch nicht so dramatisch: „Bisher konnten wir die aufgetretenen Mehrkosten gut puffern. Hilfreich dabei ist sicherlich, dass North Sails die meisten Tuche und Komponenten selbst produziert. Und dass unsere 3Di-Produktion ohne Folien auskommt. Entspannt sich die Situation aber nicht bald, müssen wir die Preise anpassen.“

Bei Peter Frisch, Importeur von Bekleidungsmarken wie Musto, Zhik und Lizard, sieht Hubertus Jürgens einen deutlichen Aufholeffekt im Jahr 2021. Das Unternehmen aus München hatte 2020 sehr gut eingekauft und gut gefüllte Lager. In dieser Saison wurde dann sehr gut abgesetzt, besonders Zhik hat sich erfreulich entwickelt. Aber Preissteigerungen und Lieferengpässe bekommt das Unternehmen nun zu spüren. „Wir versuchen, die Preissteigerungen moderat zu halten. Die Entwicklung ist jedoch sehr schwer abzuschätzen. Wir kämpfen mit unseren Lieferanten für gute Verfügbarkeit“, so Jürgens. Besonders bei Neoprenprodukten, die vornehmlich in Thailand produziert werden, gäbe es extreme Preisschwankungen. Auch Laminate wie GoreTex würden teurer. „Es ist teils kritisch, aber nicht hoffnungslos.“ Jürgens sieht die kommende Saison nicht in Gefahr: „Es wird zum Saisonstart alles lieferbar sein.“

Der deutsche Gill-Händler Gunnar Struckmann beklagt schwierige Rahmenbedingungen in Wirtschaft und Logistik: „Wir sind darauf bedacht, unseren Kunden das beste Preis-Leistungs-Verhältnis zu bieten. Aber die Situation im Logistikbereich sowie die massiven Preiserhöhungen bei der Produktion und den Rohstoffen können wir nicht vollständig abfedern. Dadurch werden wir um höhere Preise leider nicht herumkommen.“ Durch den Brexit Anfang des Jahres hatte Gill einen schwierigen Start; zusätzliche Bürokratie durch die Verzollung sorgte für verzögerte Lieferungen. Zehn Tage waren normal, teilweise betrug die Wartezeit aber auch bis vier Wochen. Jetzt seien es wieder drei bis fünf Tage. Mit Verspätungen müsse derzeit aber einfach gerechnet werden, sagt Struckmann. Der verregnete August sorgte für starke Nachfrage bei Ölzeug, sodass einige Farben und Größen ausverkauft waren. Gill sei aber lieferfähig, so Struckmann. Für die kommende Saison seien die Lager schon gefüllt.

Manuel Keinberger, Geschäftsführer vom Motor-Fachbetrieb Kiesow in Kappeln: „Es gab im Sommer vor allem bei größeren Motoren mit Common-Rail-Technik massive Lieferprobleme.“ Er nennt auch ein besonders drastisches Beispiel, bei dem die Verzögerung für die Lieferung einem Segler die gesamte Saisonplanung zunichte gemacht hat: „Ein Kunde musste 16 Wochen auf einen neuen Motor warten. Das heißt, er hat das Boot im Frühjahr zum Motortausch hergebracht. Die Lieferung verzögerte sich immer weiter, bis das Boot im Herbst schließlich mit nur zwölf Betriebsstunden wieder aus dem Wasser ging. Das war im Grunde gerade mal die Probefahrt.“ Weitere Schwierigkeiten gab es bei der Verfügbarkeit von Steuergeräten für Standheizungen.

Inzwischen habe sich die Liefersituation wieder verbessert. Die Lieferung Just in time funktioniere nach Keinbergers Aussagen aber schon seit mehr als zwei Jahren nicht mehr zuverlässig. Für die üblichen Verschleiß- und Ersatzteile wurde daher wieder ein Lager aufgebaut, das noch erweitert werden soll.

Gute Planung sei angesichts der schwierigen Liefersituation von großer Wichtigkeit. So haben sie bei Kiesow die Motoren für im Winter geplante Umrüstungen schon im Sommer geordert. Eine weitere Vorsorgemaßnahme: Bei den besonders gefragten Motoren um 30 PS hat Keinberger sechs Stück auf eigene Rechnung bestellt; bisher hatten sie davon im Winter höchstens einen vorrätig. Die Preissteigerung für Motoren und Ersatzteile liege dagegen im normalen Rahmen.

Mehr Planung sei auch bei kleineren Reparaturen oder Wartungsarbeiten nötig, denn die gestiegenen Kraftstoffkosten bereiten beim mobilen Einsatz der Mechaniker Sorgen. Dazu würden, wo immer möglich, Aufträge gebündelt. „Kein Kunde will für einen einzelnen Ölwechsel die Fahrtkosten von Kappeln nach Eckernförde bezahlen. Aber mit etwas Absprache hat sich bisher immer eine Lösung gefunden“, so Manuel Keinberger.

Der Ausrüstungshändler Gotthardt in Hamburg sieht sich gut aufgestellt, bisher mussten nur moderate Preisanpassungen um fünf Prozent umgesetzt werden, so Finn Möller. Einzelne Artikel im Gotthardt-Sortiment seien aber sehr viel teurer geworden, beispielsweise die klassisch verleimten Holzriemen, deren Preis um 25 Prozent gestiegen sei. Ebenfalls deutlich zugelegt hätten Kunststoffprodukte wie Fender. Grund hierfür seien gestiegene Rohstoffpreise. „Das trifft die Yachtbranche wie alle anderen auch“, so Möller. Um die Verfügbarkeit der Waren sicherzustellen, hat Gotthardt seine Lagerbestände deutlich vergrößert. Teilweise träten aber auch bei in Europa gefertigten Produkten Probleme auf, weil Zulieferteile aus Asien fehlten. „Aus den üblichen drei Wochen Lieferzeit einer Rettungsinsel können dann schnell acht oder zehn Wochen werden.“

Pfeiffer Marine vom Bodensee bestreitet zwei Drittel des Geschäfts mit eigenen Produkten. Hier mussten die Preise im laufenden Jahr 2021 um fünf Prozent erhöht werden, um die gestiegenen Rohstoffkosten abzufangen, so Meinrad Hiller. Das Hauptproblem sei Aluminium, der Preis pro Tonne ist binnen Monaten von 1600 auf 2800 Euro gestiegen. Bei Handelswaren sehe es noch düsterer aus. Produkte aus Italien seien um rund 20 Prozent teurer geworden, und bei Teilen aus Fernost liege die Preissteigerung sogar zwischen 30 und 40 Prozent. Hiller denkt, dass die Preise 2022 weiter steigen werden.

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