Sinumerik One: Retrofit statt neue Maschine - Digital Engineering Magazin

2022-07-23 04:02:21 By : Ms. TINA ZHANG

18.07.2022 – Kategorie: Konstruktion & Engineering

Eine Erneuerung, ohne auf Bewährtes zu verzichten – darin liegt der Sinn und Zweck eines Retrofits. Der Sprung auf die allerneueste Technologie ist nicht trivial. Mit Sinumerik One von Siemens konnte der Automobilzulieferer Eugen Forschner eine alte Index G200 auf den neuesten Stand bringen.

Wenn RSV Service ein Retrofit durchführt, erhält der Maschinenbetreiber anschließend eine neuwertige Maschine, die die bekannte Hardware und Eigenschaften behält. So geschehen für den Automobilzulieferer Eugen Forschner: Ihre Index G200, die bereits 18 Jahre in Betrieb war, wurde bis zur letzten Schraube zerlegt. Alles, was daran erneuert werden konnte, wurde modernisiert – samt neuer Antriebe und der Sinumerik One.

Dieses aktuelle CNC-System von Siemens verbindet mit dem digitalen Zwilling die reale und virtuelle Welt, sowohl im Werkzeugmaschinen-Engineering als auch im -Betrieb. Kein Wunder also, dass im Gespräch mit Forschner immer wieder von der „neuen Maschine“ die Rede ist – als würde es sich anstelle eines Retrofits um eine Neuanschaffung handeln. Die Wieder­inbetriebnahme des 12-achsigen Dreh-Fräszentrums mit zwei Hauptspindeln und zwei Werkzeugrevolvern fand im Juni 2021 am Standort in Mahlstetten statt.

„Dass wir unsere Retrofit-Maschinen seit Kurzem mit Sinumerik One ausstatten, hat mehrere Gründe: Erstens haben wir im Engi­neering den Umstieg auf das TIA-Portal vorgenommen“, erklärt Dominic Rieker, Teamleiter Elektrik bei RSV. Diese Plattform verbindet Hardware, Software und Ser­vices nahtlos und ermöglicht ein ganzheitliches Engineering von der mechanischen Kon­struktion über die elektrische Auslegung bis hin zur Automatisierung. Rieker fährt in der Aufzählung fort: „Zweitens haben wir die neuen Motoren der Simotics-1FK2-Reihe eingesetzt, deren Safety-Protokoll Sinumerik One erfordert. Last but not least haben wir unser Maschinen-Bedienkonzept komplett überarbeitet.“

Für letzteres sind die Möglichkeiten und Freiheitsgrade enorm, die auf der Basis von Sinumerik Operate für HMI-Oberflächen bestehen. Deshalb wurde die etwas geringere Auslastung während der Corona-Pandemie genutzt, um die bereits seit längerem vorhandenen Ideen für das eigene Bedienkonzept zu realisieren. „Angesichts der Vielfalt an Informationen wird es immer wichtiger, die für die konkrete Anwendung relevanten herauszufiltern und aufzubereiten“, so Rieker. Über Sinumerik Integrate /Run MyScreens hat das RSV-Team nun die Möglichkeit, sämtliche Informationen anwenderspezifisch zusammenzufassen und thematisch strukturiert und mit Bildern individuell darzustellen. Auch Informationen aus IO-Link-Sensoren lassen sich übersichtlich anzeigen. Das Ganze wird auf einen 24-Zoll-Touchscreen ausgegeben, sodass genügend Platz zur Verfügung steht, um den Monitor in mehrere Anzeige­bereiche aufzuteilen.

Auf der Index G200 werden bei Forschner Ankerführungen für einen Auftraggeber aus der Automobilindustrie gefertigt – und das in Stückzahlen von 20.000 bis 25.000 Teilen pro Woche. Diese Stoßdämpfer-Kernelemente sind komplex und werden nicht von der Stange gedreht, sondern aus Rohlingen gefertigt, die getaktet zu- und abgeführt werden. Da die Maschine als „Dauerläufer“ im Drei-Schicht-Betrieb sechs Tage die Woche läuft und bis zu 50 Teile kontaktlos gefertigt werden, sind mit dem Retrofit auch Sonderanfertigungen realisiert worden, die die Automatisierung betreffen: So hat RSV eine Zuführung konstruiert und angebaut und zudem das Abführband umkonstruiert, um die Teile schonender abzuführen.

Die Bedienoberfläche ist mit extra Hotkeys und Bedienelementen für die Automatisierung versehen. Unter anderem lässt sich ein Teil, das gemessen werden soll, per Knopfdruck ausschleusen. Das Band taktet dann automatisch nach vorn, gibt das Teil aus, und der Prozess läuft normal weiter. „Mit Sinumerik One und dem neuen Bedien­konzept konnten wir die Oberfläche mit dem Forschner-Team detailliert abstimmen“, so Rieker. Philipp Reichmann, Gruppenleiter für die Ankerführung und das Kurzdrehen bei Forschner, bestätigt: „Es ist alles genauso angepasst und die Hotkeys sind belegt, wie wir es haben wollten.“

In der Abteilung für Präzisionsdrehteile bei Forschner sind derzeit Maschinen mit diversen Generationen der Sinumerik in Betrieb: „Wir haben von der ersten C-Steuerung bis zur aktuellen Sinumerik One alles da. Insofern hat es mich nicht gewundert, dass alle Bediener mit ‚der Neuen‘ prima klarkommen“, erklärt Reichmann. In der Fertigung großer Stückzahlen, wie sie auf der erneuerten Index C200 läuft, liegt der Fokus auf der guten Handhabung, der Zuverlässigkeit und Ausfallsicherheit. „Da wir die unterschiedlichen Sinumerik-Genera­tionen aus dem Live-Betrieb kennen, freuen wir uns schon darauf, die Möglichkeiten der Sinumerik One an einer Anwendung, bei der mehr an der Maschine programmiert werden muss, voll auszutesten und auszunutzen,“ so Reichmann.

Stand August 2021 hat RSV insgesamt vier Maschinen mit Sinumerik One ausge­liefert. „Bisher haben wir Create MyVirtual ­Machine, also den digitalen Zwilling für das Engineering, hauptsächlich dafür eingesetzt, um unser neues Bedienkonzept umzusetzen“, fasst Rieker zusammen. „Dass wir sehen konnten, wie die Oberflächen wirken und sich bedienen lassen, hat uns in der Entwicklung manches erleichtert. Es war ein Vorgeschmack auf die nächsten Schritte.“ In Zukunft soll der digitale Zwilling überall da eingesetzt werden, wo größere Änderungen anstehen, etwa um neu entwickelte NC-Zyklen an der virtuellen Maschine zu testen oder die PLC-Programmierung zu simulieren. Sobald Create MyVirtual Machine in größerem Umfang zum Einsatz gekommen sei, sei laut Rieker die Zeit reif, um Run MyVirtual Machine zu realisieren: „Dann werden wir unseren Maschinenbetreibern den digitalen Zwilling ebenfalls zur Verfügung stellen.“

Der Autor Timo Walter ist Sales Executive in der Division DI MC bei Siemens.

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